Das wissende Ich in Dir

(ajf)
Ein befreundeter Psychologe sagte neulich, dass viele Menschen heutzutage die Fähigkeit zur reflektierten, besonnenen Kommunikation verloren haben. Grund: Sie seien zu sehr in ihren eigenen Problemen verhaftet. Das führt dazu, dass die ichbezogenen Wertungen, Kränkungen, Urteile jedem fremden Thema übergestülpt werden – alles wird verzerrt.

Grund für diese Störung ist häufig ein fehlender Selbstkontakt. Sehr vielen Menschen gelingt es nicht, die eigenen impliziten Wünsche zu erkennen und ihnen zu folgen. Und das ist in der Tat auch nicht ganz einfach, wie Motivationspsychologen und Hirnforscher herausgefunden und in die neue Theorie der Selbstkongruenz gepackt haben.

Implizite Wünsche sind archaisch

Die impliziten Wünsche sind – wie der Name schon sagt – nicht offensichtlich, sondern in tieferen Schichten unseres Selbst verborgen. Sie stammen aus der Kindheit, schon aus Babytagen, und vielleicht sogar aus der Zeit vor unserer Geburt: Als genetische Codes haben sie sich in unser Erbmaterial eingeschlichen und repräsentieren archaische Begierden, Triebe und Wünsche.

Seine versteckten Wünsche zu erkennen, ist nicht so einfach, denn sie sind von tausend anderen rationalen Dingen überlagert. Wenn wir uns befragen, in uns hineinhorchen, werden wir an diesem Schutzwall des Rationalen hängen bleiben und selten zum wahren Kern durchdringen.

Menschen aber, die ihre tatsächlichen Ziele und Aktivitäten mit ihren impliziten Wünschen in Deckung bringen konnten – sei es zufällig oder gezielt –, kann man erkennen: Sie wirken auf uns authentisch, in sich ruhend, glaubwürdig und selbstsicher. Menschen, denen der »Selbstkontakt« fehlt, wirken kompliziert, unausgeglichen, entscheidungsschwach, unzufrieden und unsicher.

Der Persönlichkeitskern steckt in tiefen Schichten unseres Gehirns

Es lohnt sich also, auf die Suche nach den eigenen impliziten Wünschen zu gehen. Aber wo findet man sie?

Vor nicht allzu langer Zeit waren Wissenschaftler noch der Meinung, es würde überhaupt keinen richtigen »Ich-Kern« im Menschen geben, es sei nur etwas, das sich situationsbedingt konstituiere und deshalb auch ständig neu »erfunden« werden könne. Jeder Mensch könne darum theoretisch jede Rolle einnehmen.

Inzwischen sind die Wissenschaftler schlauer. Sie verorten den Persönlichkeitskern in den Tiefenschichten unseres Gehirns – da, wo das »unbewusste Selbst« steckt: die »impliziten Wünsche«.

Und welche sind das? Was sind unsere Haupttriebfedern? Essen, Sex, Bindung, Macht, Leistung – sagen die Forscher. Unterschiedlich ausgeprägt bei uns allen. Wer etwa einen großen impliziten Wunsch nach Macht hat, aber ein »machtloses«, fremdbestimmtes Leben führt, der ist nicht mit sich im Reinen. Wer einen starken, impliziten Bindungswunsch hat, aber gezwungen ist, im täglichen Leben kalt und unnahbar zu agieren – ebenso.

Wie erkennen wir uns?

Der Impuls, der aus dem impliziten Selbst stammt, ist immer unsere erste Reaktion auf ein Erleben – alles, was danach kommt, ist rationaler Überbau. Es ist unser »Bauchgefühl«, das meist recht hat. Das kann ein Anhaltspunkt sein. Oft ist es aber nicht einfach, seinen impliziten Wünschen auf die Schliche zu kommen. Es ist mehr das Tun, das uns Aufschluss über uns gibt, kaum das Nachdenken über uns selbst.

Schwer von ihrem Selbst getrennte (dissoziierte) Menschen brauchen professionelle Hilfe – alleine werden sie nie klar sehen. Menschen mit tragischen menschlichen Erlebnissen, mit traumatischen Erfahrungen, erschütternden Beziehungskonflikten sind besonders in der Gefahr, den Draht zum Selbst zu verlieren. Denn um nicht ständig vom Erlebten belastet zu werden, kappt die Psyche den Draht zum inneren Selbst – was dann alles nur noch viel schlimmer macht.

»Die Bewährungsprobe der Selbstverwirklichung ist die Liebesbeziehung«, schreibt der Schweizer Psychotherapeut Jürg Will. Denn hier ist man auf Dauer nur erfolgreich, wenn man bei sich ist, authentisch ist. Wenn aber einer der Partner von seinem Selbst getrennt ist, gerät die Beziehung in die Krise und zerbricht (wenn der andere Partner mit sich im Reinen ist), oder sie wird zu einer Einbahnstraße, in der ein Neben-sich-Stehender einen anderen Neben-sich-Stehenden ausnützt und manipuliert. Ohne Frage gibt es viele Beziehungen, die so funktionieren.

Doch Glück, so die Forscher, entsteht nur dann, wenn die impliziten Wünsche befriedigt werden.

Literatur dazu:

  • Timothy D. Wilson: Gestatten, mein Name ist Ich. Das adaptive Unbewusste – eine psychologische Entdeckungsreise, Pendo-Verlag 2007
  • Gerd Gigerenzer und Hainer Kober: Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, Goldmann 2008

Wagner an Will

(ajf/t&t)

Anne Wills Sonntags-Talkshow wird immer schlechter. Nun hat sie es auch Schwarz auf Weiß, von Franz Josef Wagner, dem Großen:
»Liebe Anne Will, niemals hätte ich geglaubt, folgenden Satz schreiben zu müssen: ›Frau Christiansen war gar nicht so schlecht.‹
Ihr Polit-Talk Sonntagabend ›Demokratie, nein danke – Bürger frustriert, Politiker hilflos‹ war unterchristiansenmäßig. Es war, als hätte jemand ein Rudel Hunde zu einer Konferenz einberufen, um zu versuchen, den ›Hund an sich‹ zu verstehen. Ihre Talkshow war ein einziges Gebelle. Ich habe kein Wort verstanden. Ich zahle meine GEZ-Gebühren gerne – aber nicht für Menschengebell. Es ging um Demokratie. Da bellt das ehemalige SED-Mitglied…« zum Artikel in BILD

Anne Will zeichnet sich in letzter Zeit wirklich dadurch aus, dass sie ihre Gäste den größten Unsinn verbreiten lässt und als Kommentar dazu lediglich ein »Aha« oder »Ja« abgibt. Doch die Will ist nicht alleine: Plasberg hat stark nachgelassen, seit er im Ersten ist. Er setzt auf »Dauergäste« und lädt wahlweise den siebengescheiten Utz Claasen – ehemaliger Energie-Manager, der ausgesorgt hat – oder aber eine bayerische »Mittelständler-Hausfrau«, die über…

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Inseln am Anfang der Zeit

(ajf) Samoa liegt nicht, wie man denken könnte, am Ende der Welt, sondern an deren Anfang – datumsmäßig jedenfalls. Es liegt kurz ›hinter‹ der Datumsgrenze, da, wo ein neuer Tag geboren wird. Wenn man also aus Asien oder Australien anreist, überfliegt man die Datumsgrenze und landet in der Vergangenheit, am vorhergehenden Tag. Der Tag, der in Neuseeland, Australien und den westlich der Datumsgrenze gelegenen pazifischen Inseln eben ›abgelaufen‹ ist, beginnt hier gerade erst einmal.

Das kann dann das erstaunliche Phänomen zur Folge haben, dass man auf Fidschi (›links‹ der Datumsgrenze) Silvester feiern kann, dann hoppt man hinüber nach Samoa (›rechts‹ der Datumsgrenze) und macht am folgenden Abend noch einmal ganz regulär Party.

Clevere Touristikunternehmer haben das natürlich zur Jahrtausendwende zum 1. Januar 2000 vermarktet (das neue Jahrtausend begann zwar kalendarisch erst zum 1. Januar 2001, aber das war nicht so wichtig). Gleich mehrere Inseln stritten sich um den ›ersten Sonnenaufgang‹ des neuen Jahrtausends, wie man in diesem amüsanten Artikel nachlesen kann. Samoa war nicht bei den ganz heißen Kandidaten, und das war auch ganz gut so – so ist die Inselgruppe nicht einmal durch die Jahrtausendfestivitäten nennenswert in ihrer luxuriösen Abgeschiedenheit gestört worden.

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Die vielleicht schönste Stadt der Welt

Harbour Bridge Sydney

Harbour Bridge, Sydney

Laut einer Statistik leben 95 Prozent der Einwohner Australiens nicht weiter als 50 Kilometer vom Meer entfernt. Die Bewohner von Sydney, der wohl bekanntesten Stadt down under, tragen ein Gutteil dazu bei, um die Statistik in diese Richtung zu schieben: Sydney hat nicht weniger als 70 stadteigene Strände, viele davon sind zum Surfen geeignet – die bekanntesten sind Bondi Beach und Manly Beach.

Sydney hat aber auch eine lebendige, spannende und vielfältige Innenstadt mit großartigen Gebäuden und Sehenswürdigkeiten. 31 Prozent der Einwohner der Stadt sind nicht in Australien geboren – und auch das spiegelt sich im Stadtbild, in den verschiedenen ethnischen Vierteln und Straßenzügen wider: Haymarket etwa ist Sydneys »Chinatown«, die Inder leben vorwiegend in Parramatta und Westmead, die Iren und Neuseeländer zieht es nach Bondi.

Die Stadt, in der südöstlichen Ecke Australiens gelegen, hat rund 3,9 Millionen Einwohner. Pro Quadratkilometer sind es rund 2.200 Menschen. Zum Vergleich: In Gesamtaustralien leben etwa 2,7 Einwohner bezogen auf den Quadratkilometer. Dieser Kontrast zeigt aber weniger, dass Sydney übervölkert ist, sondern vielmehr, wie dünn besiedelt das »Outback« ist. Große Teile des Landes sind wüstenartig und unbewohnbar.

Die Mischung macht’s

Sydney StadtansichtSydney selbst ist eine wunderbare Mischung – und das ist sicher auch ein Grund, warum es so viele europäische Auswanderer hierherzieht. Es ist urban und modern einerseits, andererseits manchmal fast dörflich und gemütlich. Die große Hektik der europäischen und amerikanischen Metropolen ist hier zum Glück noch nicht ganz angekommen.

Und Sydney ist charmant und schön. Es hat einzigartige Gebäude wie das weltbekannte »Opera House« oder die großartige, 1932 erbaute Harbour Bridge. Eines der sehenswertesten Gebäude im Stadtkern ist das Queen Victoria Building – eines der schönsten, wenn nicht das schönste Kaufhaus der Welt.

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