Eigentlich wollte ich heute über das Thema ›Wie laut darf frau beim Sex sein?‹ schreiben. Aus aktuellem Anlass habe ich es geändert in: ›Wie laut darf eine Fußball-Tröte sein?‹

Neulich Abend erlebte ich es zum ersten Mal: Ich werkelte in der Küche, nebenbei lief im TV das zweite Spiel der Fußball-WM. Das Fenster zum Hof hatte ich geöffnet, leise fiel ein Blatt von der großen Eiche im Gemeinschaftsgarten zu Boden, das ein Eichhörnchen losgetreten hatte. Und mit einem Mal kam es: Das große, mächtige TRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖT von einem Nachbarbalkon. So heftig, dass der Schalldruck das Eichhörnchen vom Baum fegte und mich fast aus den Latschen warf.

Seither ist die Vuvuzela sprichwörtlich in aller Munde. Sie ist das Symbol der Südafrika-WM, die lange Plastiktröte, die einen monotonen durch Mark und Bein gehenden Sound ausstößt, gegen den jede Elefanten-Gang-Bang ein Kindergeburtstag ist.

Und nun streiten sich alle, ob das sein dürfe. TV-Zuschauer sind wegen des Dauer-ÖÖÖÖÖs bei Fußballübertragungen genervt, harmlose Passanten nehmen Reißaus und bedecken sich die Ohren, wenn sie eine Vuvuzela nur von Weitem sehen, und sogar die Spieler klagen: Man könne sich auf dem Feld nicht mehr verständigen. Man sei wie in eine Ursuppe aus ÖÖÖÖÖÖ getaucht. Betäubt und gelähmt. So geht das nicht. Schließlich sei ›Fußball auch Kommunikation‹, sagt einer der größten Stars der WM, der Argentinier Lionel Messi. Ein Satz, der mich ehrlich rührte, zeigt er doch, dass die harten Hunde nicht nur den Ball bolzen, sondern auch gelegentlich ihr Herz auf der Zunge tragen. In etwa so: Kapitän (Javier Mascherano) zum Abwehrspieler: »Schatz, wir müssen reden …«

Aber einfühlsames Geflüster auf dem Platz ist mit einer Vuvuzela definitiv nicht zu machen, wie ein Lautstärke-Vergleich zeigt: Mit 127 Dezibel erreichen die Vuvus Dimensionen eines startenden Düsenjets. Ein Schlagzeug kommt dagegen auf maximal 122 Dezibel, eine Schiedsrichterpfeife auf 121,8 Dezibel. Hier ein paar Vergleichswerte:

Vuvuzela 127,0 Dezibel
Gashupe 123,2 Dezibel
Schlagzeug 122,0 Dezibel
Schiri-Pfeife 121,8 Dezibel
Kettensäge 120,0 Dezibel
Kuhglocke 113,6 Dezibel
Sambatrommel 110,5 Dezibel
Riesen-Holzratsche 109,8 Dezibel

Dennoch, die Vuvuzelas werden wohl bleiben. Für die Afrikaner bedeuten sie auch: »Wir tröten euch jetzt mal was!« Man kann sie als Revanche dafür begreifen, dass der Riesen-Kontinent in den Medien sonst so gut wie nie gehört wird: Mit einer Landfläche von einem Fünftel der Erde macht Afrika vielleicht ein oder zwei Prozent der Berichterstattung in den europäischen Medien aus. Die TV-Sender sind also sozusagen auch selbst mit Schuld, dass sie jetzt die volle Dröhnung auf einmal abbekommen.

Okay, mein Kumpel sagt, ich soll hier nicht nur schwafeln, sondern auch etwas Nützliches beisteuern. Gut. Die Fernsehsender behaupten, man könne das Vuvu-Getröte nicht aus dem Stadionton herausfiltern. Mit ihrem gewaltigen öffentlich gesponsorten Budget und allen zwangseingetriebenen GEZ-Gebühren schaffen sie das nicht. Ein paar Technik-Freaks im Internet bringen das aber für Null Euro ohne Weiteres zu Stande. Man muss dazu den Fernsehton über den Computer laufen lassen und ein bisschen mit einer Software herumzaubern. Für alle, die sich das zutrauen, hier der Link:

https://be-jo.net/2010/06/vuvuzela-larm-aus-audioaufnahmen-entfernen/

Mit der weiblichen Lautstärke beim Sex beschäftigen wir uns dann, wenn die WM zu Ende ist. Denn bis dahin geht jedes noch so heftige Liebesgestöhne im monstermäßigen unschlagbaren ÖÖÖÖÖÖÖ unter. Was ja auch ein Vorteil sein kann.

Bonus-Buchtipp:
Lothar Beckenseeler, Karl-Heinz Vuvuzeela. Die besten Fußball-Witze zur WM
Wer hat die Vuvuzela eigentlich erfunden? Es gehen viele Gerüchte, und zu Wort gemeldet hat sich jetzt auch ein Karl-Heinz Vuvuzeela, der zusammen mit Lothar Beckenseeler ein Buch zur WM herausgegeben hat. Darin heißt es:

Karl-Heinz Vuvuzeela (mit zwei ›e‹) ist ein legendärer südafrikanischer Fußballexperte, dem auch die Erfindung des voluminös-mächtigen Tröteninstruments ›Vuvuzela‹ zugeschrieben wird. Anders, als dies etwa im Onlinelexikon Wikipedia dargestellt ist. Vuvuzeela ist seit zwanzig Jahren die führende südafrikanische Fußball-Koryphäe, spielte lange Zeit selbst in der obersten Landesliga und kümmert sich heute um die Jugendarbeit. Er ist über seine Großmutter mütterlicherseits in direkter Linie mit den Vorfahren des brasilianischen Rekordfußballers Pelé verwand, wie kürzlich durch einen Vergleich der Mitochondrien-DNS zweifelsfrei erwiesen werden konnte.

Lothar Beckenseeler ist der profilierteste deutsche Fußball-Experte, der allerdings in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist, weil er ›oberflächliche Medienauftritte‹ grundsätzlich ablehnt, sondern lieber im Verborgenen wirkt. Der Spruch der ›Der Ball ist rund‹ könnte von ihm sein, wenn er nicht von Sepp Herberger wäre. Ansonsten schweigt und genießt er. Auch diese Kompilation des Fußball-Witzes war ihm eigentlich zu marktschreierisch. Er wurde jedoch von seinem südafrikanischen Kollegen Karl-Heinz Vuvuzeela dazu überredet.

Beide trafen sich erstmals anlässlich eines Benefiz-Spiels der B-Jugend des Swazilandes, am legendären Currywurststand des Stadions von Mbabane. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Und der Urknall dieses Buches.

Lothar Beckenseeler, Karl-Heinz Vuvuzeela. Die besten Fußball-Witze zur WM

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z.B.: Die Eilige Schrift Zwölf unangenehme Thesen zur Katholischen Kirche im Jahre 2012. – Die Katholische Kirche befindet sich auf einem Parforceritt zurück ins Mittelalter … und viele spielen eine beklagenswerte Rolle, wenn es um die Volksverdummung im Interesse der Kirche geht. Kritische Stimmen sind kaum zu hören, man ist viel lieber happy im Papst-Wahn.

z.B.: Die Wissenschaft des Reichwerdens.

Im Jahr 2006 schoss ein Buch fulminant in den Bestsellerlisten nach oben: »The Secret«, das Geheimnis, von Rhonda Byrne, einer australischen Autorin und TV-Produzentin. Als eine ihrer maßgeblichen Quellen nannte Byrne in einem Interview Wallace Delois Wattles mit seiner »Wissenschaft des Reichwerdens«. Dieses Buch ist bis heute der am klarsten formulierte Ratgeber dafür, wie man Erfolg im Leben hat.

z.B.: Sun Tsu: Die Kunst des Krieges

Psychologische Führung aller Beteiligten, Flexibilität und Taktik gegenüber dem Gegner, äusserste Disziplin in den eigenen Reihen – das sind Prinzipien, die heute wie damals in allen großen Organisationen, ja sogar im persönlichen Leben und in der Mann-Frau-Beziehung von entscheidender Bedeutung sind.