Im Oktober 2025 geleakt: Ein internes BBC-Dossier – hier in deutscher Übersetzung – über Manipulation, Bias und Fehlberichterstattung. Das Dokument offenbart systemische Probleme in der Ausgewogenheit der Berichterstattung – Befunde, die mindestens im gleichen Maße auf deutsche öffentlich-rechtliche Medien zutreffen dürften.
Siehe rechtliche Hinweise zu diesem Beitrag am Textende.
1. Einleitung
[Verfasst von Michael Prescott, bis Juni 2025 unabhängiger Berater des BBC-Gremiums für redaktionelle Richtlinien und Standards. / BBC’s Editorial Guidelines and Standards Board]
Sehr geehrte Mitglieder des BBC-Verwaltungsrats,
Sie wissen möglicherweise, dass ich einer der beiden unabhängigen externen Berater war, die an der Seite des EGSC [Editorial Guidelines and Standards Board der BBC] gearbeitet haben. Ich habe diese Funktion drei Jahre lang ausgeübt und bin im Sommer ausgeschieden.
Ich habe mein Amt mit tiefgreifenden, ungelösten Bedenken hinsichtlich der BBC niedergelegt. Seit meinem Ausscheiden habe ich lange und intensiv darüber nachgedacht, ob und gegebenenfalls was ich in dieser Sache unternehmen soll.
Meine Schlussfolgerung ist, dass diese Bedenken so schwerwiegend sind, dass ich sie Ihnen in Ihrer Aufsichtsfunktion über die BBC zur Kenntnis bringen muss.
Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung dessen, was aus meiner Sicht einige der beunruhigendsten Vorgänge waren, die während meiner Amtszeit vor den EGSC gebracht wurden.
Meiner Ansicht nach hat die Geschäftsführung wiederholt versäumt, Maßnahmen zur Lösung der aufgezeigten Probleme umzusetzen, und in vielen Fällen schlicht geweigert, überhaupt anzuerkennen, dass es ein Problem gibt.
In der Tat würde ich argumentieren, dass die Haltung der Geschäftsführung, wenn sie mit Belegen für schwerwiegende und systemische Probleme konfrontiert wird, inzwischen selbst zu einem systemischen Problem geworden ist – mit der Folge, dass die letzte verbleibende Instanz für ein Eingreifen der Verwaltungsrat ist.
Vieles von dem, was ich im Folgenden darlege, stammt aus Berichten, die von David Grossman, dem Senior Editorial Adviser des Ausschusses, für den EGSC erstellt wurden.
Nach meinem Verständnis haben Sie als Mitglieder des Verwaltungsrats Zugang zu den EGSC-Unterlagen, falls Sie seine hervorragenden (und so oft vernichtenden) Analysen lesen möchten.
Eine der häufig verwendeten Verteidigungslinien der BBC gegenüber Kritik durch externe Organisationen besteht darin, die vorgelegten Belege als bloßes Cherry Picking abzutun. Genau deshalb waren Davids Berichte so wichtig: Sie kamen aus dem Inneren der BBC und wurden von einem sehr erfahrenen und talentierten BBC-Journalisten erstellt. Dennoch wurden seine Feststellungen überwiegend zurückgewiesen oder ignoriert – selbst nachdem EGSC-Mitglieder nachdrücklich auf die Notwendigkeit entschiedenen Handelns hingewiesen hatten.
Ich war zehn Jahre lang Political Editor der Sunday Times und habe seither in beratenden Funktionen in Unternehmen gearbeitet, darunter als Corporate Affairs Director von BT.
Ich halte es für wichtig zu betonen, dass ich nie Mitglied einer politischen Partei war und keine festen, unverrückbaren Ansichten zu Themen wie der amerikanischen Politik oder Konflikten im Nahen Osten vertrete. Meine Einschätzungen zur Behandlung der unten genannten Themen durch die BBC folgen keiner politischen Agenda.
Was mich vielmehr zur Abfassung dieser Notiz veranlasst hat, ist die Verzweiflung über das Ausbleiben von Maßnahmen seitens der BBC-Geschäftsführung, wenn Probleme bekannt werden. In meinem gesamten bisherigen Berufsleben habe ich noch nie erlebt, was ich bei der BBC beobachten musste, wenn es darum ging, wie das Management mit schwerwiegenden, wiederkehrenden Problemen umging – oder eben nicht umging.
So lang diese Notiz auch sein mag, ich möchte Sie nachdrücklich bitten, sie zu lesen. Meine Hoffnung ist, dass Sie dort für Konsequenzen sorgen können, wo es dem EGSC nicht gelungen ist.
1. Die US-Wahl
Die ›Panorama‹-Sendung
Eine Woche vor dem Wahltag sendete die BBC eine einstündige Panorama-Spezialausgabe mit dem Titel: »Trump: A Second Chance?«
Ich sah das Programm und empfand es weder als ausgewogen noch als unparteiisch – es schien eine deutlich anti-Trump-gerichtete Haltung einzunehmen. Kritiker des republikanischen Präsidentschaftskandidaten waren denjenigen, die sich für ihn aussprachen, zahlenmäßig weit überlegen. Die Prüfung möglicher Gründe für Trumps Popularität erschien mir angesichts des Gesamtgewichts des Programms unzureichend.
Angesichts dessen, was ich als anti-Trump-Ausrichtung des Programms ansah, ging ich selbstverständlich davon aus, dass es in der Folgewoche eine vergleichbare, ausgleichende Panorama-Sendung über die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris geben würde. Ich bin bis heute fassungslos, dass dies nicht geschah.
Ich brachte meine Bedenken im EGSC vor, und David Grossman wurde gebeten, das Programm zu überprüfen.
Er kam zu dem Schluss, dass die maßgeblichen Beitragenden der Dokumentation stark gegen Trump gewichtet waren – mit nur einem Unterstützer gegenüber zehn Personen, die seine Eignung für das Amt infrage stellten.
Noch schlimmer war, dass David alarmierende Bedenken hinsichtlich der Art und Weise hervorhob, wie Panorama Trumps Rede an seine Anhänger am 6. Januar 2021*, dem Tag des Kapitolsturms, geschnitten hatte.
Bei der Überprüfung des Vorwurfs, Trump habe Demonstranten zum Sturm auf das Kapitol angestachelt, stellte sich heraus, dass Panorama zwei Ausschnitte aus unterschiedlichen Teilen seiner Rede miteinander verknüpft hatte.
Dies erweckte den Eindruck, Trump habe etwas gesagt, das er nicht gesagt hatte, und täuschte damit die Zuschauer in wesentlicher Weise.
Die zusammengefügte Version von Trumps Äußerungen, die Panorama ausstrahlte, ließ es so erscheinen, als habe er gesagt: We’re gonna walk down to the Capitol and I’ll be with you and we fight. We fight like hell and if you don’t fight like hell, you’re not gonna have a country anymore.
In Wirklichkeit stammte der erste Teil von Trumps Rede – We’re gonna walk down to the Capitol and I’ll be with you – aus Minute 15 der Ansprache. Die zweite Hälfte des Satzes, die Panorama sendete – and we fight. We fight like hell…. – stammte aus Minute 54.
Fünfzehn Minuten nach Beginn seiner Rede sagte Trump tatsächlich: We are gonna walk down to the Capitol and I’ll be with you. I know that everyone here will soon be marching over to the Capitol building to peacefully and patriotically make your voices heard. Es war vollkommen irreführend, das Material so zu schneiden, wie Panorama es ausgestrahlt hat. Dass er seine Unterstützer nicht ausdrücklich aufforderte, hinunterzugehen und am Kapitol zu kämpfen, war einer der Gründe, weshalb es keine bundesstaatlichen Anklagen wegen Aufruhrs gab.
Doch Panorama verzerrte die Ereignisse dieses Tages noch weiter.
Am 6. Januar 2021 marschierten die sogenannten Proud Boys, Unterstützer Trumps, zum Kapitol, noch bevor Trump überhaupt zu sprechen begonnen hatte.
Davids Bericht an den EGSC hob hervor, dass auf den Clip von Trumps Rede anschließend Videomaterial der Proud Boys gezeigt wurde, wie sie auf den Kongress zumarschierten. Dadurch entstand der Eindruck, Trumps Anhänger hätten auf seinen angeblichen Aufruf zu den Waffen reagiert.
Dies war eines der schockierendsten Problemfelder, die während meiner Zeit beim EGSC zutage traten. Wenn BBC-Journalisten Videoaufnahmen so bearbeiten dürfen, dass Menschen Dinge sagen, die sie nie gesagt haben, welchen Wert haben dann die Richtlinien des Senders, warum sollte man der BBC vertrauen – und wohin führt das am Ende?
Und dennoch weigerte sich die Geschäftsführung angesichts von Davids Erkenntnissen, anzuerkennen, dass es einen Verstoß gegen die Standards gegeben hatte, und verteidigte Panorama sogar noch entschiedener.
Bei der EGSC-Sitzung am 12. Mai 2025 erklärte Jonathan Munro: There was no attempt to mislead the audience about the content or nature of Mr Trump’s speech before the riot at the Capitol. It’s normal practice to edit speeches into short form clips.
Dies widerspricht vollkommen meinem Verständnis der redaktionellen BBC-Richtlinien in Bezug auf irreführende Schnitte. Sie werden sich erinnern: Eine solche Art der Bearbeitung führte zum Rücktritt des BBC-1-Chefs Peter Fincham in der Affäre, die später unter dem Namen »Crowngate« bekannt wurde.
Zum (in meinen Augen schockierenden) Unterlassen, die anti-Trump-Panorama-Sendung durch eine ebenso kritische Betrachtung von Harris auszubalancieren, zeigte sich Jonathan unbeeindruckt und sagte, es sei nicht notwendig, for due impartiality to have companion programmes. Das Unterlassen sei in diesem Fall ein legitimate judgement innerhalb der Richtlinien gewesen, fügte er hinzu – ohne irgendeine weitere Begründung dafür, warum er diese (aus meiner Sicht überraschende und alarmierende) Ansicht vertrat.
Deborah Turness versuchte das manipulierte Video sowie die verfälschte zeitliche Abfolge des Tages mit dem Hinweis auf den US-Kongressausschuss zu Trumps Rolle bei den Ereignissen vom 6. Januar zu rechtfertigen – jenen Ausschuss, der zu dem Schluss kam, er sei Teil einer multi-part conspiracy gewesen, um das rechtmäßige Ergebnis der Wahl 2020 umzustürzen.
Doch dieser Ausschuss war demokratisch dominiert und keine objektive Wahrheitsinstanz. Ich sehe keinerlei Rechtfertigung dafür, Videomaterial so zu bearbeiten, dass ein Präsidentschaftskandidat etwas zu sagen scheint, was er nie gesagt hat – und diese Verteidigung hat meine Einschätzung in keiner Weise verändert. Ich möchte den Verwaltungsrat ausdrücklich bitten, diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Während der EGSC-Sitzung äußerten weder der Generaldirektor noch der Vorsitzende irgendeinen Kommentar zu Jonathans abweisender Haltung gegenüber Davids Ergebnissen oder zu Deborahs Verteidigung der manipulierten Videoclips.
Meine Bedenken veranlassten mich dazu, dem Vorsitzenden am Tag nach der Sitzung eine E-Mail zu schreiben.
Im Hinblick auf das Wohlbefinden der Geschäftsführung bei der Vorstellung, Videoclips könnten so bearbeitet werden, dass sie Redner falsch wiedergeben, warnte ich: This is a very, very dangerous precedent. I hope you agree and take some form of action to ensure this potentially huge problem is nipped in the bud.
Ich erhielt keine Antwort.
Liz Cheney
Einer der am stärksten verfälschten Kommentare des Präsidentschaftswahlkampfs war jener, den Trump über seine erbitterte republikanische Kritikerin Liz Cheney machte, die sich dafür einsetzte, Kamala Harris ins Amt zu bringen.
In einem Interview mit Tucker Carlson am 31. Oktober 2024 widersprach Trump Liz Cheney, da sie »immer mit anderen Ländern in den Krieg ziehen wollte« [always wanted to go to war with people]. Er bezeichnete sie außerdem als »radikale Kriegstreiberin« [radical war hawk].
Trump fügte hinzu: »Stellen wir sie doch mit einem Gewehr hin, direkt vor neun Läufe, die auf ihr Gesicht feuern. Mal sehen, wie sie das findet« [Let’s put her with a rifle standing there with nine barrels shooting at her face. OK let’s see how she feels about it].
Anschließend attackierte Trump Politiker, die »in Washington in einem schönen Gebäude sitzen und sagen: ›Oh je, schicken wir doch 10.000 Soldaten mitten hinein ins Maul des Feindes‹« [sitting in Washington in a nice building saying „oh gee, let’s send 10,000 troops right into the mouth of the enemy…“].
Trump kritisierte damit eindeutig Politiker, die bereitwillig US-Truppen in den Krieg schicken, ohne über die menschlichen Kosten nachzudenken. Die Harris-Kampagne sah dies anders und behauptete, Trump habe gefordert, auf Liz Cheney zu schießen.
Im Auftrag des EGSC sah sich David Grossman die gesamte BBC-Berichterstattung über den US-Präsidentschaftswahlkampf an. Leider verbreitete die BBC in der Cheney-Angelegenheit wiederholt diese falsche Darstellung dessen, was Trump gesagt hatte.
Auf dem BBC News Channel fragte am 1. November ein Moderator seinen Gast: He is out there on the campaign trail saying he wants people to shoot Liz Cheney in the face…. Is that the sort of thing women react well to?
In den Six O’Clock News desselben Abends sagte die Nordamerika-Redakteurin Sarah Smith, Trump habe die violent rhetoric weiter verschärft.
Sie fügte hinzu: In the latest spat, Donald Trump has been accused of being petty, vindictive and a wannabe tyrant because he suggested that one of his political opponents should face guns, have them trained on her face.
In »World News America« sagte ein Moderator, Trump habe »nahegelegt, dass Liz Cheney vor ein Erschießungskommando gestellt werden sollte« [appeared to suggest Liz Cheney should face a firing squad] – und zwar wegen ihrer Haltung in der Außenpolitik [for her stance on foreign policy].
Am folgenden Tag erklärte die Nordamerika-Korrespondentin der BBC dem »News Channel«, Trump habe eine »harte Woche« gehabt [a rough week], zu der auch »Äußerungen über die Republikanerin Liz Cheney und darüber, wie sie neun Gewehrläufen ausgesetzt werden sollte« gehörten [comments about the Republican Liz Cheney and how she should face nine rifle barrels].
Die breitere Berichterstattung über die US-Wahl
David Grossmans Überprüfung der BBC-Berichterstattung über den US-Präsidentschaftswahlkampf offenbarte nicht nur gravierende Versäumnisse der BBC-Panorama-Sendung sowie mehrler weiterer Redaktionen im Zusammenhang mit Trumps Äußerungen über Liz Cheney, sondern brachte auch eine Reihe weitergehender Bedenken ans Licht.
Ich empfehle Ihnen seinen vollständigen Bericht, der dem EGSC am 16. Januar 2025 vorgelegt wurde. Im Folgenden jedoch eine Zusammenfassung seiner wichtigsten Erkenntnisse:
1. Die BBC ignorierte ihre eigenen Richtlinien, denen zufolge einem einzelnen Meinungsforschungsinstitut kein übermäßiges Gewicht eingeräumt werden darf, und schenkte der fehlerhaften ›Iowa-Umfrage‹ – die Tage vor der Wahl einen Sieg von Harris prognostizierte – unverhältnismäßige Aufmerksamkeit. Diese Umfrage dominierte die Berichterstattung in den Tagen bis zum Wahltermin, während andere, widersprechende Umfragen nur gering gewichtet wurden.
2. Die BBC konzentrierte sich zu stark auf Themen, die von der Harris-Kampagne besonders hervorgehoben wurden, etwa Abtreibung und Frauenrechte, anstatt Fragen wie Arbeitsplätze, Wirtschaft und Einwanderung stärker zu gewichten – Themen, die sich als entscheidende Einflussfaktoren für das Wahlverhalten erwiesen.
3. Bei der Berichterstattung über Trumps juristische Auseinandersetzungen im Wahlkampf (im Mai wurde er in 34 Fällen wegen Urkundenfälschung schuldig gesprochen) wies die BBC oft nicht darauf hin, dass viele US-Staatsanwälte politische Ernennungen sind. Dies nahm den Zuschauern die Möglichkeit, das anti-Trump-›Lawfare‹ zu erkennen, das während des Wahlkampfs eine Rolle spielte.
4. Bestimmten Episoden wurde übermäßig viel Gewicht beigemessen, etwa Trumps Bemerkungen über Menschen, die in Springfield Haustiere essen würden. Diese Episode dominierte die Berichterstattung eine Woche lang, was laut Davids Bericht excessive wirkte und die Unparteilichkeit zu beeinträchtigen drohte.
5. Die BBC griff gelegentlich – ohne Kennzeichnung – auf umstrittene Begriffe wie reproductive rights zurück. Für viele BBC-Zuschauer, insbesondere in den USA, signalisiert dies eine voreingenommene Haltung.
6. »Insgesamt zeigte sich eine Tendenz, Themen so zu rahmen, dass sie der Perspektive der Harris-Kampagne nahekamen, sowie eine geringere Prüfung fragwürdiger Aussagen ihrerseits im Vergleich zu denen von Trump.« Formulierungen aus dem Umfeld von Harris fanden sich in Teilen der BBC-Berichterstattung wieder, etwa indem Trump-Anhänger als election deniers bezeichnet wurden. Das Wort baseless wurde auch verwendet, um einige von Trumps umstrittenen Behauptungen zu charakterisieren – jedoch nie für fragwürdige Behauptungen seiner Gegnerin.
7. Die Verwendung aggregierter Wirtschafts- und Einwanderungsdaten verzerrte die Berichterstattung, weil sie wichtige Klassen- und Regionalunterschiede überdeckte, die zum Wahlergebnis beitrugen.
8. Die Ausrichtung vertiefender Sendungen war markedly anti Trump/pro Harris. Die interne Überprüfung fand keine einzige Sendung, die Harris und ihre Bilanz kritischer betrachtete als Trump.
3. Ethnische Diversität
Während meiner Zeit als Berater des EGSC wurde deutlich, dass die BBC zu schnell geneigt war, schlecht recherchiertes Material zu veröffentlichen, das rassistische Probleme nahelegte, obwohl es keine gab.
Der Versicherungsbetrug, der keiner war
Am 24. Februar 2024 berichteten mehrere BBC-Angebote ausführlich über einen der ersten großen Beiträge von BBC Verify, der angeblich eine sogenannte “ethnic penalty” bei der Kfz-Versicherung nachweisen sollte.
Die zentrale Behauptung lautete, dass Menschen, die in Gebieten mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten leben, mehr für Autoversicherungen zahlen – selbst dann, wenn Unfall- und Kriminalitätszahlen ähnlich seien. Ein Skandal, wenn er wahr wäre.
Den BBC-Zuschauern wurde suggeriert, Großbritanniens große Versicherer seien bewusst oder unbewusst rassistisch und verlangten von Kunden höhere Preise aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit.
Die Geschichte erschien in sämtlichen Morgenbulletins auf nationalen und lokalen Sendern, sowohl im Fernsehen als auch im Radio. Es gab längere Beiträge in BBC Breakfast, der One und Six sowie auf dem News Channel. Radio 1 Newsbeat, 5 Live Wake Up to Money und TikTok griffen die Geschichte ebenfalls auf.
Nur ein einziger Gast wurde interviewt, der die Behauptung unterstützte. Der Verband der britischen Versicherer lehnte ein Interview ab, und seine Stellungnahme – die wichtigen Kontext lieferte – wurde selektiv zitiert.
Diese Geschichte fiel mir sofort auf, einfach weil ich ihre zentrale Behauptung für so unwahrscheinlich hielt. Es war für mich schwer vorstellbar, dass Vorstände oder Führungsteams britischer FTSE-Unternehmen eine Politik gutheißen würden, die ethnischen Minderheiten höhere Preise auferlegt. Ebenso schwer vorstellbar fand ich eine systemische Panne über mehrere Versicherungsunternehmen hinweg, die ein solches Phänomen erklären könnte.
Ich sprach das Thema im EGSC an, und David Grossman wurde beauftragt, die Ergebnisse von BBC Verify zu untersuchen. Sein Bericht an das EGSC sechs Wochen später verwies auf “multiple serious editorial problems” bei der Berichterstattung.
Die zentrale Behauptung implizierte Kausalität (nämlich dass die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit zu höheren Preisen führe), aber Berichte und Kommentare berücksichtigten nicht andere Faktoren, die Versicherungsprämien beeinflussen können. Zudem basierte der Bericht auf alten und ungeeigneten Daten. Nichts war jünger als fünf Jahre, manches neun.
Der Bericht stützte sich außerdem auf den Index of Multiple Deprivation, der viele der Faktoren nicht abdeckt, die für Versicherer relevant sein können – etwa die Schadenshistorie der Region oder die Zahl der Personen, die dort ohne Versicherungsschutz fahren.
Alle Daten wurden dargestellt, als seien sie aktuell, und keine der Einschränkungen wurde erläutert.
Die Geschäftsführung erkannte die erheblichen Probleme und reagierte zunächst, indem der Hinweis auf eine ‘ethnic penalty’ aus dem Online-Artikel entfernt wurde. Zudem wurde eine zusätzliche Zeile ergänzt: “Overall crime levels of the type of accidents measured by the IMD do not capture everything used to calculate insurance risk.”
Da der Bericht jedoch von Grund auf falsch war, wurde später eine strengere Entscheidung getroffen – der gesamte Beitrag wurde entfernt. Nach meinem Verständnis ist das äußerst selten.
Es hatte sechs Monate gedauert, bis die BBC bei einer Geschichte, die völlig ungeeignet war und schädliche Fehlinformationen verbreitete, entschlossen eingeschritten war.
Soweit ich weiß, wurde niemand für diese äußerst peinliche Episode zur Verantwortung gezogen, und beunruhigende Fragen bleiben bestehen. Wer gab den Auftrag? Wo blieb der professionelle Zweifel? Welche Prüfungen fanden vor Veröffentlichung und Ausstrahlung statt?
Wie konnte dieser Beitrag auf so vielen BBC-Kanälen ohne Widerspruch gesendet werden – und was sagt das über Professionalität und Governance der BBC aus?
Behauptung über unsichere Arbeitsverhältnisse in BBC Radio und TV
Am 13. August 2023 veröffentlichte die BBC News-Website einen Artikel mit der Überschrift: “Ethnic minority workers in insecure jobs up 132% since 2011”.
Die Geschichte lief auch auf dem BBC News Channel, in den One O’Clock News sowie in Radiobulletins auf Radio 4, Radio 1 Newsbeat und dem Asian Network.
Sie basierte auf Recherchen des TUC, der dies als Beleg für “structural racism in action” im Jahrzehnt seit 2011 darstellte.
Der Bericht blendete andere Faktoren als Herkunft aus, etwa die stark gestiegene Zahl von Einwanderern, Alter, Englischkenntnisse, Bildungsabschlüsse oder Aufenthaltsstatus. Er berücksichtigte auch nicht, dass in diesem Jahrzehnt die Gig Economy ihren Durchbruch hatte.
Der Bezugsrahmen des TUC wurde von der BBC ungeprüft übernommen, was Bedenken hinsichtlich Unparteilichkeit wie Genauigkeit auslöste.
Nach einer erfolgreichen ECU-Beschwerde wurde der Artikel später dahingehend geändert, dass der Anstieg schlicht auf die zahlenmäßige Zunahme von Erwerbstätigen aus ethnischen Minderheiten insgesamt zurückzuführen sein könnte.
Eine anschließende Überprüfung der BBC-Berichterstattung über Gruppenunterschiede – etwa in Bezug auf Herkunft oder Geschlecht – wurde von David Grossman für den EGSC durchgeführt. Sie kam zu dem Schluss, dass BBC-Reporter häufig Korrelation und Kausalität verwechseln – genauso wie in der Versicherungsgeschichte zur ‘ethnic penalty’. Offenkundig wurden hier keine Lehren gezogen, und dies ist ein weiteres Beispiel.
Das EGSC wurde darauf hingewiesen, dass BBC-Reporter gegenüber Daten von Interessengruppen, die politische oder regulatorische Veränderungen anstreben, besonders skeptisch sein müssen. Solche Informationen sollten niemals “at face value” akzeptiert werden, so der Bericht.
Wie wir alle wissen, ist der soziale Zusammenhalt Großbritanniens angespannt, und zu viele Politiker versuchen, Beschwerden rund um ›Fairness‹ auszuschlachten. Die britische Öffentlichkeit sollte sich darauf verlassen können, dass die BBC Herausforderungen und Chancen gesellschaftlich fair untersucht. Dies ist weniger wahrscheinlich, wenn BBC-Reporter nicht in der Lage sind, Statistiken kritisch zu prüfen und am Ende Beiträge wie die Geschichte über “insecure jobs” verbreiten.
Ich vermerke, dass ein jüngstes Panorama wegen möglicher fehlerhafter Statistikverwendung im Zusammenhang mit dem Fall Lucy Letby unter Beschuss geraten ist. Das wären drei jüngere Fälle, in denen die BBC schwerwiegende Fehler durch falschen Umgang mit Statistik begangen hat.
Das Push-Benachrichtigungssystem der BBC als Ausreißer beim Ignorieren von Einwanderungsthemen
Am 7. März 2024 wurde dem EGSC von einem “selection bias” zugunsten bestimmter Meldungen berichtet, die über die Push-Benachrichtigungen (PN) der BBC an mehr als sieben Millionen Nutzer der BBC-News-App ausgespielt wurden.
Eine interne Überprüfung sämtlicher Benachrichtigungen im September 2023 verglich die Auswahl der als PN versendeten Meldungen mit den Nachrichten von PA News und den internen BBC-Quickfire-Tickern.
Die Überprüfung kam zu dem Schluss, es sei “significant”, dass von 219 Benachrichtigungen nur vier die Themen illegale Migranten und Asylsuchende betrafen. Von diesen vier handelten drei von schlechten Bedingungen oder Misshandlungen von Migranten.
In diesem Monat war die höchste Zahl illegaler Migranten verzeichnet worden, die an einem einzigen Tag den Ärmelkanal überquerten – eine Tatsache, über die sowohl PA News als auch BBC Quickfire berichteten, die jedoch nicht in den PN-Benachrichtigungen der BBC vorkam.
Zu den weiteren wichtigen Meldungen, die im September nicht im PN-System der BBC auftauchten, aber bei PA News und BBC Quickfire erschienen, gehörten:
• Das Regierungsversprechen zusätzlicher Mitarbeiter zur Reduzierung des Asyl-Bearbeitungsstaus
• Die Ablehnung einer möglichen EU-Rückführungsvereinbarung für Asylsuchende
• Probleme rund um das Schiff Bibby Stockholm, das zur Unterbringung von Asylsuchenden genutzt wurde
• Neue Zahlen zu den täglichen Kosten von 8 Mio. Pfund für die Unterbringung von Migranten in Hotels
• Eine Verlängerung des Hoteleinsatzes für afghanische Flüchtlinge
• Eine Warnung der damaligen Innenministerin über die Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt, falls die Bootsüberfahrten nicht gestoppt würden
Die Überprüfung kam zu dem Urteil: “It is not clear why none of these stories were sent out as PNs, when perhaps less significant stories were extensively covered”.
Zum Vergleich: Im selben Monat verschickte die BBC zwölf Benachrichtigungen über Russell Brand.
›History Reclaimed‹ bittet die BBC um den Einsatz fachkundiger Historiker – und wird ignoriert
Am 29. Dezember 2022 berichtete der Telegraph über einen Bericht von ›History Reclaimed‹, einer Gruppe renommierter Historiker, überwiegend in leitenden Positionen in Oxford und Cambridge.
Sie hatten vier BBC-Sendungen mit historischem Inhalt geprüft und in allen erhebliche Mängel festgestellt. Die Hauptschlussfolgerung lautete, die Probleme rührten daher, dass Produzenten gezielt nicht-fachkundige Akademiker auswählten, die gute Zitate lieferten – meist zu Rassismus und Vorurteilen. Dies führte zu einer übermäßig vereinfachten und verzerrten Darstellung britischen Kolonialrassismus, des Sklavenhandels und seines Erbes.
History Reclaimed empfahl, die BBC solle künftig die Expertise ausgewiesener Fachhistoriker in den entsprechenden Bereichen einholen.
Die Reaktion der BBC war abweisend. In ihrer Stellungnahme erklärte die BBC: “Cherry-picking a handful of examples or highlighting genuine mistakes in thousands of hours of output on TV and radio does not constitute analysis and is not a true representation of BBC content”.
Diese Abwehrhaltung bei Kritik in umstrittenen Bereichen zeigte die BBC immer wieder, und ich hatte das Thema im EGSC mehrfach angesprochen.
Nach dem Bericht des Telegraph schlug ich ein Treffen relevanter BBC-Kommissionierer, Produzenten und Redakteure vor, um die Kritikpunkte von History Reclaimed zu prüfen und zu bewerten, ob deren Empfehlungen zur Verbesserung künftiger Programme beitragen könnten.
Meine eigenen Vorfahren waren vertraglich gebundene Arbeiter in Guyana, und ich persönlich fand den Bericht von History Reclaimed sowohl faszinierend als auch überzeugend.
Ein zunächst in Aussicht gestelltes Treffen einer hochrangigen BBC-Führungskraft mit History Reclaimed wurde erst zugesagt und dann zurückgezogen. Später wurde dem EGSC mitgeteilt, ein Treffen sei nun als unangebracht bewertet worden.
Ich bin darüber bis heute etwas verwundert. History Reclaimed schien vernünftig aufzutreten, stellte nur begrenzte Forderungen und schlug eine einfache Lösung vor – warum also das Ganze ignorieren und die offenbar identifizierte fragwürdige Praxis fortbestehen lassen?
4. Biologisches Geschlecht und Gender
Etwa einen Monat nach Beginn meiner Tätigkeit für das EGSC nahm ein BBC-Moderator Kontakt mit mir auf. Er stellte mich einem Reporter und einem Produzenten vor. Alle drei arbeiteten in unterschiedlichen Bereichen der BBC, hatten jedoch gemeinsame Bedenken hinsichtlich der BBC-Berichterstattung über das Trans-Thema.
Die Geschichte, die mir jeder von ihnen erzählte, klang nach einer faktischen Zensur durch das spezialisierte LGBTQ-Desk innerhalb der Nachrichtenredaktion.
Da nahezu alle Sendungen ihre eigenen Reporter verloren hatten, mussten Redakteure bei News um Korrespondenten bitten, wenn sie eine Geschichte abdecken wollten. Mir wurde berichtet, dass die Mitarbeiter des LGBTQ-Desks immer wieder ablehnten, jede Geschichte zu bearbeiten, die kritische Fragen zur Trans-Debatte aufwarf.
Der an mich herangetragene Vorwurf war deutlich: Das Desk sei von einer kleinen Gruppe vereinnahmt worden, die die Stonewall-Position in der Debatte vorantreibe und andere Perspektiven aus dem Programm heraushalte. Einzelne Sendungen hatten keine eigenen Reporter mehr, die hier ein Gegengewicht bilden konnten.
Was mir berichtet wurde, deckte sich mit dem, was ich selbst auf BBC Online sah – dass Geschichten, die kritische Fragen zur sogenannten ›trans agenda‹ aufwarfen, ignoriert wurden, selbst wenn sie in zahlreichen anderen Medien breit aufgegriffen worden waren.
Es gab zudem eine konstante Tröpfchenzufuhr einseitiger Geschichten, meist Feature-Beiträge, die die Trans-Erfahrung feierten – ohne ausreichende Ausgewogenheit oder Objektivität.
Ein typisches Beispiel war die Geschichte über Gisele Shaw, eine überschwängliche Darstellung eines Transgender-Wrestlers, der sich durch sein Coming-out »liberated« fühlte.
Diese Geschichte, veröffentlicht am 15. März 2023, verschwieg, dass der Wrestler – ein biologischer Mann – wiederholt Trophäen gewonnen hatte, indem er in Frauenwettbewerben antrat.
Der Vorstand sollte zur Kenntnis nehmen, dass die eine unbestritten herausragende journalistische Leistung in diesem Themenfeld von Hannah Barnes bei Newsnight kam. Sie wurde später Autorin des maßgeblichen Buchs über die medizinische Behandlung und Fehlbehandlung von ›trans children‹.
Ihre Arbeit wäre bei der BBC heute möglicherweise nicht mehr möglich, angesichts der beschriebenen Kultur, der Veränderungen bei Newsnight und des Fehlens sendungseigener Reporter.
Frau Barnes, mit einer eindrucksvollen BBC-Bilanz, entschied sich für einen Wechsel zum New Statesman.
Story-Auswahl und Vielfalt der Perspektiven
David Grossmans Bericht über die BBC-Berichterstattung zu Trans-Themen wurde dem EGSC im Oktober 2024 vorgelegt.
Er stellte zahlreiche Mängel fest – ganz im Einklang mit meinen Befürchtungen und den mir gegenüber geäußerten Sorgen von BBC-Mitarbeitern.
Diese umfassten:
• In der Themenauswahl warnte sein Bericht vor einem “unintended editorial bias”
• “Significant voices” fehlten zu oft in der BBC-Berichterstattung – darunter Personen, die transitioniert waren und ihre Entscheidung bereuten, oder solche, die Bedenken gegenüber dem Prozess hatten
• Der Bericht konnte im untersuchten Zeitraum kein einziges Beispiel finden, das die Erfahrungen von De-Transitionern widerspiegelte
• Es gab mehr Geschichten über Wartezeiten für Behandlungen als über die Qualität der Behandlungen selbst
• Es wurde eine überraschend hohe Zahl an Geschichten über Drag Queens festgestellt – angesichts der Tatsache, dass es sich um eine sehr kleine Bevölkerungsgruppe handelt
• Beiträge, die Bedenken hinsichtlich der Qualität oder Sicherheit der Versorgung genderfragender Kinder und Erwachsener äußerten, erhielten “little or no coverage”
• Im März 2024 berichteten zahlreiche Medien über durchgesickerte Dokumente der World Professional Association for Transgender Health, die Bedenken über die Versorgungsqualität gendergestresster Kinder aufwarfen – darunter Mail, Economist, Observer, Washington Post, The Times und andere; die BBC jedoch nicht
• Es gab kaum Berichterstattung über biologische Frauen, die dafür kämpften, biologische Männer aus sensiblen Räumen auszuschließen
• Die BBC berichtete nicht über den Fall der Krankenschwestern in Darlington, die ihren Arbeitgeber verklagten, weil biologische Männer deren Umkleideräume nutzen durften – obwohl Sky News und GB News ausführlich darüber berichteten
• Ebenso wurde nicht berichtet über Behauptungen, dass biologische männliche Polizeibeamte und Justizvollzugsbeamte Nacktdurchsuchungen bei Frauen und Mädchen durchführen durften
• Der Bericht warnte vor dem häufigen Gebrauch des Begriffs “assigned at birth” im Zusammenhang mit biologischem Geschlecht – entgegen früherer Richtlinien
• Der Bericht äußerte Bedenken darüber, wie die Debatte über die Cass Review bei Newsnight gerahmt wurde – die Aussagen eines Arztes, der die Tavistock-Klinik kritisierte, wurden durch die Perspektive einer Transfrau »ausgeglichen«, die sagte, sie habe hervorragende Versorgung erhalten. Der Bericht merkte an, dass Newsnight, wenn es um Bedenken gegenüber einer Entbindungsstation ginge, nicht versuchen würde, »Ausgewogenheit« dadurch herzustellen, dass eine Mutter interviewt würde, die zufrieden mit ihrer Versorgung war.
4. Gender Identity
Das Konzept der Gender Identity ist umstritten, doch David warnte das EGSC, dass “some of our coverage is presented in a way that suggests the concept of gender identity is an established fact rather than contested.”
Er warnte außerdem, dass es in den BBC-Richtlinien eine stillschweigende Akzeptanz des Konzepts der ›Gender Identity‹ gebe, die Probleme für die Unparteilichkeit verursachen könne, und empfahl eine Änderung.
Die Richtlinien lauten: “for most people their sex and gender identity are the same”. Er schlug vor, hinzuzufügen: “Others may reject the idea that they have a gender identity that is separate from their biological sex at all”.
Soweit ich weiß, warten wir fast 12 Monate nach Vorlage von Davids Bericht beim EGSC noch immer auf den aktualisierten News Style Guide.
Davids Erkenntnisse zeigen ein kulturelles Problem innerhalb der BBC auf – nämlich dass zu viele Mitarbeiter das Konzept der »Gender Identity« nie als fragwürdig oder für viele Menschen als anstößig betrachtet haben.
Als Institution neigt die BBC zu sehr dazu, Fragen von Gender und Sexualität als Feier britischer Diversität zu betrachten, anstatt die Komplexität des Themas zu untersuchen.
Ohne Geschichten im biologischen Geschlecht zu verankern, riskieren Beiträge, für das Publikum unverständlich zu werden. Beispielsweise könnten Zuschauer die Bedenken nicht verstehen, wenn eine Transgender-Frau in ein Frauengefängnis eingewiesen wird.
David verwies auf einen Artikel, der im Juni 2024 auf BBC News unter der Überschrift “Transgender woman guilty of rape after night out” erschien. Ohne den Zusatz, dass der Täter ein biologischer Mann war, wäre diese Geschichte für viele verwirrend.
Die Überprüfung empfahl, dass BBC-Reporter und -Moderatoren Sprache verwenden sollten, die stärker “anchored in biological sex” ist – etwa biologische Männer und biologische Frauen.
“Otherwise, there is a real danger that audiences may not understand the stories we are attempting to cover.”
Ein besonders anschauliches Beispiel ist der Fall Scarlet Blake – eine Transgender-Frau, die am 26. Februar 2024 wegen des Mordes an Jorge Martin Carreo verurteilt wurde. In der One O’Clock News wurde Blake nicht als Transfrau bezeichnet, sondern lediglich als Frau. In der Six O’Clock News dagegen wurde sie als Transfrau bezeichnet.
In einer Stellungnahme räumte die BBC ein, dass Blake in der Mittagsausgabe als Transfrau hätte bezeichnet werden müssen. Es ist interessant zu fragen, wie die Mittagsnachrichten das falsch machen konnten – möglicherweise weist dies auf die Vereinnahmung durch eine bestimmte Lobby oder auf Nervosität bei der Berichterstattung über solche Themen hin.
5. Israel–Hamas-Krieg
Story-Auswahl
Im Juli 2024 kam ein leitender Nachrichtenredakteur des BBC World Service zu dem Schluss, dass eine interne Überprüfung von BBC Arabic keine redaktionellen “red flags” ergeben habe.
Da das EGSC von diesen Ergebnissen nicht überzeugt war, drängte es auf eine gründlichere Überprüfung der Berichterstattung über den Israel-Gaza-Konflikt.
David Grossman wurde beauftragt, fünf Monate Berichterstattung – vom 7. Mai 2024 bis zum 6. Oktober 2024 – zu analysieren. Das entsprach 535 Artikeln auf der englischsprachigen Website und 523 auf BBC Arabic.
Am 16. Januar 2025 erhielt das EGSC seinen Bericht, der drastische Unterschiede in der Behandlung wichtiger Nachrichten zwischen BBC Arabic und der Hauptnachrichtenseite der BBC offenlegte.
Zum Beispiel:
• In der Themenauswahl veröffentlichte die englische BBC-News-Seite 19 einzelne Artikel über die von Hamas verschleppten Geiseln am Tag des Terrorangriffs. Auf BBC Arabic erschienen keinerlei Artikel dazu
• Im Gegensatz dazu wurde jeder kritische Artikel über Israel, der auf der englischen BBC-News-Seite erschien, von BBC Arabic übernommen
• Die englischsprachige Website hatte dreimal so viele Artikel, die sich primär mit dem Leiden von Israelis beschäftigten – darunter die Schrecken der in Gaza gefangenen Geiseln, die Traumatisierung israelischer Gemeinden, Raketenangriffe von Hamas und Hisbollah auf Wohngebiete in Israel sowie wachsender Antisemitismus. All dies fehlte auf BBC Arabic
• Auf der Website von BBC Arabic gab es keine Israel-kritischen Artikel über Hamas, während es auf der englischen Seite vier gab
Story-Behandlung – Befreiung von Fawzia Sido
Die englische BBC-News-Seite berichtete über die Geschichte einer jesidischen Frau, Fawzia Sido, die von israelischen Soldaten gerettet wurde, nachdem sie zehn Jahre lang als Sexsklavin im Irak festgehalten worden war, bevor sie nach Gaza gelangte.
Entführt, betäubt, vergewaltigt und mit nur elf Jahren zur »Ehe« an einen ISIS-Kämpfer “sold off” – der Bericht schilderte ihre Flucht und Rettung, gestützt durch Aussagen des US-Außenministeriums und irakischer Behörden.
BBC Arabic brachte dieselbe Geschichte, jedoch mit wesentlichen Unterschieden – beginnend mit der Überschrift: “Israel says ‘Yazidi prisoner returned to Iraq after ten years in Gaza,’ Hamas tells BBC ‘Israel narrative is fabricated’”.
Der Großteil des BBC-Arabic-Artikels bestand aus einer 582 Wörter langen Erklärung der Hamas, die die schreckliche Geschichte der Frau bestritt.
Story-Behandlung – Hamas-Angriff in Jaffa
Ähnlich gab es gravierende Unterschiede in Ton und Inhalt bei der Berichterstattung über einen Hamas-Angriff am 1. Oktober 2024, bei dem sieben israelische Zivilisten in Jaffa getötet wurden.
Die englische BBC-News-Seite schilderte unter anderem, wie das Opfer Inbar Segev Vigder – eine junge Mutter – starb, als sie ihr neun Monate altes Baby mit ihrem Körper schützte.
BBC Arabic berichtete unter der Überschrift: “The Qassam Brigades claims responsibility for the Jaffa operation, what do we know about it?” – und präsentierte den Angriff als militärische Operation, ohne Informationen über die zivilen Opfer.
Auch der Tod von vier Geiseln in Gaza am 3. Juni 2024 wurde auf der englischen Seite mit einem eigenen Artikel behandelt, während BBC Arabic ihn in vier Absätzen abhandelte – im Rahmen eines Beitrags, der sich primär auf Hisbollah-Angriffe auf Israel konzentrierte.
Story-Behandlung – der Raketenangriff von Majdal Shams
Ein weiteres wichtiges Ereignis, Hisbollahs Bombardierung eines Fußballspiels auf den Golanhöhen am 27. Juli 2024, bei dem neun Kinder starben, wurde ebenfalls völlig unterschiedlich dargestellt.
Die englische Fassung enthielt zwar die Dementis der Hisbollah bezüglich des Raketenangriffs auf Majdal Shams, führte jedoch Hinweise an, dass die Gruppe andere Orte in der Region angegriffen hatte.
Der BBC-Arabic-Artikel, vier Stunden nach der englischen Version veröffentlicht, enthielt keinerlei Hinweise auf die Verbindung der Hisbollah zu dem Angriff auf ein nahegelegenes Militärgelände, nur zwei Meilen vom Spielfeld entfernt, und hob stattdessen die Dementis der Terrororganisation hervor.
In der BBC-Arabic-Überschrift war von getöteten und verletzten »Israelis« die Rede – nicht von Kindern.
Ein »Tag-zwei«-Artikel auf der arabischen Seite verbreitete zudem unbelegte Behauptungen aus dem Iran und aus Syrien, Israel habe den Angriff fingiert, um einen Vorwand für einen Schlag gegen die Hisbollah zu schaffen.
Aus Davids umfangreicher Analyse war klar ersichtlich, dass die Themenauswahl, der Ton und die Gewichtung von BBC Arabic erheblich von der englischen BBC-News-Seite abwichen.
Es ist schwer, zu einem anderen Schluss zu kommen, als dass die Berichterstattung von BBC Arabic darauf ausgerichtet war, das Leiden der Israelis zu minimieren und Israel als Aggressor darzustellen.
Damals bezeichnete eine sehr erfahrene Teilnehmerin der EGSC-Sitzung die Ergebnisse als das »extraordinary paper«, das sie je gesehen habe. Es hätte ein sofortiges Eingreifen der Geschäftsführung auslösen müssen – tat es aber nicht.
Reaktion der Geschäftsführung auf den EGSC-Bericht zu BBC Arabic
Die BBC sah sich – und sieht sich weiterhin – erheblicher Kritik ausgesetzt, sowohl aus der jüdischen Gemeinschaft als auch von Abgeordneten aller Parteien in beiden Häusern des Parlaments, insbesondere wegen ihrer Berichterstattung über den Gaza-Konflikt und der Berichterstattung von BBC Arabic.
Trotz dieser Kritik und trotz der Ergebnisse des internen BBC-Berichts gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die Geschäftsführung offen einräumen würde, dass innerhalb von BBC Arabic systemische Probleme bestehen.
Es gibt auch keinerlei Hinweis auf ein Programm, das diese Probleme beheben soll – abgesehen von Veränderungen in Führungspositionen im World Service, einem Schritt, dem der Generaldirektor offenbar großes Vertrauen schenkt. Doch wie soll eine neue Leitung die Probleme angehen, wenn es nicht einmal eine ehrliche Anerkennung dafür gibt, wie tiefgreifend diese Probleme sind?
Die Haltung der Geschäftsführung lässt sich an dem erkennen, was beim EGSC am 6. März 2025 geschah, als dem Ausschuss mitgeteilt wurde, die personellen Veränderungen beim World Service seien nicht erfolgt “from any editorial problem specific to BBC Arabic”.
Jonathan Munro reagierte auf David Grossmans Analyse, indem er deren Ergebnisse zurückwies oder herunterspielte.
Er schrieb: “While no service is perfect and all of us can make mistakes, we believe BBC Arabic delivers against (its) responsibilities with the vast majority of its reporting and analysis”.
Die Reporter seien eine “unrivalled source of knowledge and editorial content for the wider BBC”, und das Team habe “exceptional journalism during this period” geliefert.
Es habe “incidents where we have fallen short” gegeben und die BBC habe nachgebessert oder klargestellt und in einigen Fällen “relating to the conduct and social media conduct of some of our members taken decisive action”.
Die Antwort wies Bedenken hinsichtlich der Auswahl von Themen zurück, indem argumentiert wurde, “journalism created for one part of the BBC should not be assumed to travel to another”.
“Stories which do not appear on BBC Arabic online are not necessarily ‘missing’. Rather they may not appear for good editorial reasons,” argumentierte Jonathan.
Zu den Abweichungen bei der Berichterstattung über die jesidische Sexsklavin sagte Jonathan, die BBC-Arabic-Überschrift sei nicht “complete enough in its attempts to summarise the story”, fügte jedoch hinzu: “no headline is designed to be read in isolation”.
Zur Berichterstattung über den Raketenangriff auf Majdal Shams sagte Jonathan: “The EGSC report questions why a BBC Arabic article on 28th July did not mention ‘evidence that Hezbollah was responsible’. Culpability was, and still is, disputed. Hezbollah denied responsibility, which is rare….”
Davids Bericht hatte hervorgehoben, dass es im Fünfmonatszeitraum deutlich weniger Berichterstattung aus israelischer Perspektive gab als aus palästinensischer.
Jonathans Antwort bestand darin, den Untersuchungszeitraum zu ignorieren und auf Berichte zu verweisen, die außerhalb des Untersuchungsrahmens lagen. Er verwies unter anderem auf zwei Beiträge “covering the story of Ada Sagi”. Ein sehr merkwürdiger Vergleich.
Ada Sagi wurde in BBC Arabic lediglich nach dem 7. Oktober in einer Liste der von der Hamas verschleppten Geiseln erwähnt. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass BBC Arabic jemals – im Gegensatz zu anderen BBC-Angeboten, darunter der Hauptnachrichtenseite – ihre erschütternde Entführungs- und Gefangenschaftsgeschichte ausführlich dargestellt hätte.
Zur Berichterstattung von BBC Arabic über die Hamas argumentierte Jonathan, die starke Präsenz von Hamas-Positionen “helps understanding of what Palestinians in the West Bank and Gaza may be hearing”.
Er fügte hinzu, “other data points” seien hilfreich für “audience perspective”. Erstaunlicherweise zählte hierzu eine Zuschauerumfrage, der zufolge BBC Arabic fast ebenso vertrauenswürdig sei wie Al Jazeera. Ist Al Jazeera das neue Vorbild, dem die BBC nacheifern möchte?
All dies verfehlt völlig die Hauptgründe für einen steuerfinanzierten World Service: unparteiische Berichterstattung zu liefern und britische Werte auf der internationalen Bühne widerzuspiegeln.
Gaza-›Journalisten‹
Medienberichte über antisemitische und pro-Hamas-Ansichten von Journalisten, die bei BBC Arabic auftraten, führten im Juni 2025 zu einer weiteren internen Überprüfung.
Im April 2025 berichtete der Telegraph, dass BBC Arabic dem Journalisten Samer Elzaenen regelmäßig eine Plattform geboten habe, obwohl dieser eine Reihe antisemitischer Kommentare veröffentlicht hatte – darunter die Aussage, Juden sollten verbrannt werden, “as Hitler did”.
Damals hieß es, er sei »ein Dutzend Mal« auf BBC Arabic aufgetreten. Interne Recherchen ergaben jedoch, dass Elzaenen, der durchgehend als Journalist vorgestellt wurde, tatsächlich 244 Mal zwischen dem 13. November 2023 und dem 18. April 2025 erschien.
Der BBC-Arabic-Stammgast Ahmed Qannan, der einen Attentäter, der vier Zivilisten und einen israelischen Polizisten tötete, als “hero” bezeichnete, trat 217 Mal zwischen dem 8. Februar 2024 und dem 27. April 2025 auf – sowohl im BBC-Arabic-Radio als auch in »Gaza Today«.
Ahmed Alagha, der Israelis als weniger als menschlich und Juden als “devils” bezeichnete, trat 522 Mal zwischen dem 21. November 2023 und dem 26. April 2025 auf – in BBC Arabic TV, BBC Arabic Radio und »BBC Gaza Today«. Auch er wurde durchgehend als Journalist vorgestellt.
Die Enthüllungen über die Ansichten dieser Journalisten führten zu Forderungen der konservativen Parteivorsitzenden Kemi Badenoch nach einer umfassenden Reform von BBC Arabic.
In ihrer öffentlichen Stellungnahme spielte die BBC deren Rolle im Programm herunter und behauptete sogar, sie seien lediglich “eyewitnesses”.
Am 26. April 2025 erklärte die BBC in einer Stellungnahme: “We hear from a range of eyewitness accounts from the strip”.
In einer separaten Erklärung hieß es außerdem: “These are not BBC members of staff or part of the BBC’s reporting team”.
Für die meisten Zuschauer dürften jedoch Hunderte von Auftritten auf dem Sender im Rahmen der Berichterstattung sehr wohl bedeuten, dass eine Person faktisch Teil des BBC-Reporter-Teams ist.
Todeszahlen in Gaza
Eine separate Überprüfung der BBC-Berichterstattung über die Opferzahlen des Konflikts wurde beauftragt und am 2. Juli 2024 dem EGSC vorgelegt.
Die Überprüfung wurde in Auftrag gegeben, nachdem die UN ihre Zahlen revidiert und eingeräumt hatte, dass der Anteil der getöteten Frauen und Kinder geringer war als zuvor behauptet.
Im Konflikt von 2014 meldete das von Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium Opferzahlen auf Grundlage der in Krankenhäusern registrierten Todesfälle. Dies ist relevant, weil die Mehrheit der im Krankenhaus erfassten Todesfälle Männer sind.
Im aktuellen Krieg hingegen basieren die Hamas-Zahlen sowohl auf Krankenhausstatistiken als auch auf “media reports” des Gaza Government Media Office. Hamas, das das GMO kontrolliert, hat nie offengelegt, wie diese Zahlen berechnet wurden, aber die meisten Todesfälle aus diesen “media reports” entfallen auf Frauen und Kinder.
Trotz zunehmender Bedenken, dass diese neue Methodik unzuverlässig sei, berichteten die UN und zahlreiche Medien – einschließlich der BBC –, dass 70 Prozent der Getöteten Frauen und Kinder seien. Schließlich überprüfte die UN die Zahlen und korrigierte den Anteil auf 52 Prozent.
Im Bericht an das EGSC wurden wir gewarnt, dass die BBC dieser 70-Prozent-Behauptung zu lange ein “unjustifiable weight” eingeräumt habe – obwohl Zweifel an der Glaubwürdigkeit längst allgemein bekannt waren.
Massengräber
Im April 2024 und erneut im Juni berichtete die BBC über zwei Fälle angeblicher Massengräber in Gaza – eines am Al-Nasser-Krankenhaus, eines am Al-Shifa-Krankenhaus.
Die Berichterstattung legte nahe, israelische Streitkräfte hätten vor ihrem Abzug an beiden Orten Hunderte Leichen vergraben. Quelle beider Geschichten war die von Hamas kontrollierte Gaza Civil Defence Agency – ein Umstand, der in der Berichterstattung nicht erwähnt wurde.
Der interne Bericht an das EGSC stellte fest: “There was no independent corroboration of allegations of war crimes, including alleged evidence of summary executions, torture and bodies found with their hands tied together”.
Ein Online-Artikel suggerierte zudem fälschlich, ein UN-Beamter habe Berichte über gefesselte Hände bestätigt.
Am plausibelsten war, dass die Gräber an beiden Krankenhäusern von Palästinensern angelegt worden waren und die dort Beerdigten vor dem Eintreffen israelischer Bodentruppen gestorben oder getötet worden waren.
Das EGSC wurde daran erinnert, dass die BBC selbst damals ausführlich über Palästinenser berichtet hatte, die diese Gräber ausgehoben hatten. Diese Berichte hatten die Nachrichten angeführt.
Wie konnte dies später in der BBC-Berichterstattung »vergessen« werden, die nun suggerierte, etwas weitaus Düstereres sei geschehen? Das EGSC erhielt keine Erklärung.
Die Frage wird noch drängender, wenn man erfährt, dass dieselben Journalisten hinter den ersten Berichten auch jene geschrieben hatten, die später die Gräber als mutmaßliche israelische Kriegsverbrechen darstellten.
Die leitenden Verantwortlichen wurden mit den Belegen für das Versagen konfrontiert – doch es bleibt unklar, welche Maßnahmen bezüglich Personal oder Schulung ergriffen wurden.
Newsnight
Im Mai dieses Jahres behauptete Tom Fletcher, der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, ein IPC-Bericht habe gewarnt, dass 14.000 Babys in Gaza innerhalb von 48 Stunden vom Hungertod bedroht seien.
Die Behauptung – gemacht während der israelischen Blockade humanitärer Hilfe – löste weltweite Aufmerksamkeit aus.
Die UN distanzierte sich jedoch schnell und weigerte sich, die Behauptung auf einer Pressekonferenz zu wiederholen.
Die BBC korrigierte daraufhin ihre Online-Artikel und stellte klar, dass der IPC-Bericht von 14.000 Kindern sprach, die innerhalb eines Jahres verhungern könnten, falls die Blockade bestehen bliebe.
Trotzdem wurde Fletchers falsche Behauptung dem israelischen UN-Botschafter Danny Danon in Newsnight vorgehalten. Warum, wenn der BBC bekannt war, dass die Behauptung falsch war?
Dasselbe Programm zeigte auch Bilder des Babys Siwar Ashour, das an Allergien litt und Spezialnahrung benötigte. Zudem hatte es eine angeborene Erkrankung der Speiseröhre, wie zuvor im Guardian berichtet worden war.
Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung wusste die BBC bereits, dass die Geschichte veraltet war: Siwar hatte die benötigte Nahrung eine Woche zuvor erhalten, nahm zu und war aus dem Krankenhaus entlassen worden. Nichts davon wurde im Programm erwähnt – die BBC sendete also erneut eine unzutreffende Geschichte.
Zweimal in derselben Sendung verbreitete das Newsnight-Team falsche Berichte, und es ist nicht ersichtlich, warum.
Es war weder das erste noch das letzte Mal, dass die BBC Geschichten über angebliche Hungertote in Gaza brachte, ohne dem Publikum mitzuteilen, dass die betroffene Person Vorerkrankungen hatte, die ihr Aussehen erklärten.
Noch im August 2025 musste die BBC eine Schlagzeile korrigieren, die ursprünglich lautete: ‘Malnutritioned Gaza woman flown to Italy dies in hospital’. Sie wurde ersetzt durch: ‘Gaza woman flown to Italy dies in hospital’, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Frau schwere Vorerkrankungen hatte. Die Korrektur erfolgte erst zwei Tage später, nachdem die ursprüngliche Version weltweit verbreitet worden war.
Eine Geschichte zweier Briefe
In einem internen Bericht, der dem EGSC am 14. Mai 2024 vorgelegt wurde, wurde der Ausschuss erneut auf Probleme in der BBC-Berichterstattung über Israels Krieg gegen Hamas hingewiesen.
Dies betraf unter anderem einen BBC-News-Artikel über das Nasser-Krankenhaus unter der Überschrift “Gaza medics tell BBC that Israeli troops beat and humiliated them after hospital raid”.
Nach internationalem Recht sind Krankenhäuser vor militärischen Angriffen geschützt – außer in bestimmten Fällen, etwa wenn ein Krankenhaus als Militärbasis genutzt wird. Der BBC-Artikel stellte diese Umstände nicht dar und erwähnte nicht die Hinweise, die Israel über Hamas-Aktivitäten am Standort vorgelegt hatte.
Ein anderes Beispiel: Ein von 600 Anwälten unterzeichneter Brief behauptete, die britische Regierung verstoße mit Waffenverkäufen an Israel gegen internationales Recht.
Dieser Brief erhielt breiteste Berichterstattung im BBC-Fernsehen, Radio und online.
Ein zweiter Brief – diesmal von UK Lawyers for Israel, unterzeichnet von mehr als 1.000 Anwälten –, der das Gegenteil argumentierte, wurde weder online noch im Fernsehen erwähnt und lediglich in vier Radio-4-Bulletins genannt.
Eine interne Untersuchung von David Grossman wies außerdem darauf hin, dass ein BBC-Bericht Hamas-Tunnel als Wege beschrieb, um »Waren und Menschen« zu bewegen.
David warnte, dass diese Beschreibung zwar sachlich korrekt sei, aber keineswegs das tatsächliche Ausmaß der Tunnelzwecke vermittle – und der BBC den Vorwurf einbringe, sie versuche “aiming to in some way to sanitise Hamas’s terror infrastructure”.
Hat der IGH wirklich gesagt, es gebe ein »plausible risk of genocide«?
Auch die BBC-Berichterstattung über die vorläufige Verfügung des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Januar 2024 wurde durch David Grossman überprüft.
Die ehemalige IGH-Präsidentin Joan Donoghue erklärte im BBC-HardTalk-Programm, die Medien hätten die Entscheidung weitreichend falsch interpretiert. Sie sagte, es sei nicht korrekt zu behaupten, der IGH habe entschieden, es gebe ein “plausible case of genocide” in Gaza.
Doch ein Bericht an das EGSC stellte “numerous instances” fest, in denen diese Formulierung in BBC-Berichten, Analysen und Live-Schalten im Fernsehen und Radio verwendet worden war. Auch der International Editor Jeremy Bowen und Newsnight hatten sie verwendet.
Der Bericht stellte fest, es gebe zu viele Fälle der Fehlinterpretation, um sie alle einzeln aufzuführen.
Das IGH-Dokument umfasst gerade einmal 26 Seiten und ist in nicht-technischer Sprache abgefasst. Hatte kein BBC-Reporter es gelesen?
Die interne Überprüfung kam zu dem Schluss: “It is very clear and explicitly states that the court is not making any determination on the merits of South Africa’s case. The ICJ said it was only assessing whether what South Africa had alleged was potentially covered by the genocide convention.”
Trotz des HardTalk-Interviews dauerte es Monate, bis die BBC eine Klarstellung veröffentlichte.
Die BBC neigt dazu, Kritik herunterzuspielen, indem sie behauptet, sie erhalte ähnlich viele Beschwerden von beiden Seiten. Doch angesichts der oben dargestellten Belege fällt es schwer, wie pro-palästinische Beobachter behaupten könnten, die BBC habe eine pro-israelische Schlagseite.
Vorwürfe gegen Israel scheinen oft ohne ausreichende Prüfung in die Berichterstattung zu gelangen – was entweder Nachlässigkeit oder den Wunsch nahelegt, stets das Schlimmste über Israel zu glauben. Die Fehler häufen sich, manchmal mit »Augenzeugen«, die auf Twitter den 7.-Oktober-Massaker gefeiert haben. Die BBC muss akzeptieren, dass sie systemische Probleme in ihrer Berichterstattung hat. Erst dann kann ein echter Reparaturprozess beginnen.
6. Fazit
Ich entschuldige mich erneut für die Länge dieser Notiz, aber ich dachte, dass Vorstandsmitglieder, die nicht regelmäßig an den EGSC-Sitzungen teilnehmen, diese Zusammenfassung hilfreich finden könnten.
In den oben genannten Bereichen bestehen offensichtlich besorgniserregende systemische Probleme in der BBC-Berichterstattung. Aus dem, was ich miterlebt habe, befürchte ich, dass die Probleme sogar noch weiter verbreitet sein könnten, als diese Zusammenfassung nahelegt.
Wie ich zu Beginn dieser Notiz erwähnt habe, hat mich überrascht, wie defensiv insbesondere Deborah und Jonathan reagiert haben, sobald Probleme angesprochen wurden. Klare und transparente Maßnahmenpläne, um eine Wiederholung zu verhindern, sind rar – und daher, wie Sie sehen, wiederholen sich die Fehler immer wieder.
Meine Hoffnung ist, dass der BBC-Vorstand einen Prozess einleiten kann, um diese Probleme endlich angemessen anzugehen.
© Michael Prescott
Übersetzung als Gastbeitrag von © Joachim Andersen
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