Poet (vorgeblicher) und Serienmörder: Jack Unterweger

Unterweger(ajf) Der Österreicher ›Jack‹ (Johann) Unterweger (1950–1994) ist einer der berüchtigtsten europäischen Serienmörder, nicht so sehr wegen der Anzahl seiner Opfer – zehn Morde1 konnten ihm letztlich nachgewiesen werden – als wegen der besonderen Umstände des Falles.

Nach komplizierter Jugend wurde Unterweger schon in jungen Jahren straffällig und saß kleinere Haftstrafen ab. Im Jahre 1974 ermordete er in Herborn/Hessen auf brutale Art und Weise eine 18‑Jährige, drosch in einem Waldstück mit einer Stahlrute auf sie ein und erdrosselte sie mit ihrem Büstenhalter (während seine Freundin im Auto wartete). Unterweger wird dingfest gemacht und zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Im Gefängnis in Stein/Krems in Niederösterreich beginnt er eine Metamorphose, bildet sich mit Büchern weiter, belegt einen Fernkurs in Erzähltechnik und beginnt schließlich selbst zu schreiben. Er verfasst Gedichte, eine Autobiografie (dieses Buch) und schreibt schließlich sogar als Auftragsarbeit des Österreichischen Rundfunks regelmäßige Gute‑Nacht‑Geschichten für Kinder.

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15 Jahre nach Start von amazon kdp — Der eBook-Markt heute

AJF:
Hi! Vor rund 15 Jahren hat amazon den Vertrieb von eBooks für Selfpublisher ermöglicht. Wie hat sich der eBook-Markt seither entwickelt, bei amazon und allgemein?

ChatGPT:
Seit Amazons Einstieg mit Kindle Direct Publishing (KDP) vor rund 15 Jahren hat sich der eBook‑Markt deutlich verändert – sowohl innerhalb von Amazon als auch im Gesamtmarkt. Zu Beginn war Amazon der zentrale Treiber: Ab 2007 (Kindle-Start in den USA) und etwa 2010 im deutschen Markt öffnete KDP Selfpublishern erstmals den direkten Zugang zu einer großen Leserschaft. Dadurch entstanden viele neue Autorenkarrieren, und für einige Jahre gab es ein starkes Wachstum bei eBook-Umsätzen.

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Mikrotypographie in Online-Texten | Was eine gute Website ausmacht

(ajf) Woran erkennt man ein gutes Buch? An der Angemessenheit der Form, sagte mir eine erfahrene Buchdesignerin, an der Sorgfalt im Detail, gerade was die Typografie angeht. An den kleinen Dingen, an der Mikrotypografie.

Was für Bücher gilt, gilt für Websites nicht minder. Auch hier erkennt man eine gute Seite einerseits am Gesamtbild, an der Übersichtlichkeit und der Stimmigkeit, andererseits an den Feinheiten. Die verwendete Schrift, Schriftgröße, Zeilenabstand, und schließlich die ganz kleinen Dinge: Die Art der Anführungszeichen, die Sorgfalt in der Verwendung von Bindestrichen (Trennstrich, n-dash, m-dash), die richtigen Apostrophe, und so weiter.



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Was ist ein Bestseller?

(ajf) Auf jeden Fall ein Wort, das sehr gut klingt. Das nach Reichtum, Ruhm und Vergnügen schmeckt. Ist das so, oder trifft das nur auf wenige Ausnahmen zu, wie etwa auf den populären Frank Schätzing (›Der Schwarm‹, ›Limit‹), der nach eigener Aussage sowieso »immer ein Popstar sein wollte«? Tatsächlich versucht die Literaturwissenschaft dem Phänomen Bestseller schon seit langem auf die Schliche zu kommen, mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen:

Ein Bestseller kann ein ganz und gar wechselhaftes Geschöpf sein, temporär erfolgreich, dann wieder vergessen. Ausserdem ein reines Werbe-Label, eine Chimäre, hinter der gar nicht soviel Auflage steckt. Ein Bestseller ist natürlich besser als ein Buch, von dem gar nicht gesprochen wird, aber die wahren Helden unter den Büchern sind die Longseller, so wie die ›Bibel‹, ›Vom Winde verweht‹, ›Die Leiden des jungen Werther‹, ›Max und Moritz‹ oder die Schriften des Marc Aurel (geboren im Jahre 121 in Rom). Diese wilde Mischung zeigt nebenbei, dass Longseller absolut genreübergreifend sind.

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Zum erfolgreichen Plagiat in zehn einfachen Schritten

(ajf) Dreist an Karl-Theodor zu Guttenbergs Verhalten ist nicht, dass er gelogen hat. Wer hätte das nicht schon mal getan. Dreist ist, dass er immer noch lügt. Dass er, wider besseren Wissens vor versammeltem Bundestag die Lüge wiederholt, er hätte »nicht wissentlich« getäuscht, »nicht wissentlich plagiiert«. Das ist angesichts der Ausmaße und Methodik des Plagiats schlechterdings unmöglich.

Es ist aber nicht so, dass Karl-Theodor zu Guttenberg sich bei der Abfassung seiner Arbeit keine Mühe gegeben hätte. Im Gegenteil: ein ordentliches Plagiat erfordert gründliche Vorbereitung und eine Menge Arbeit [siehe den amüsanten Essay »Zum erfolgreichen Plagiat in zehn einfachen Schritten«, von Professor Dr. Roland Schimmel, unten]. Und ein »ordentliches Plagiat« war es, sonst hätte Karl-Theodor zu Guttenberg damit nicht seinen Doktorvater übertölpeln und sogar ein ›Summa cum laude‹ für die Arbeit einfahren können.

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Four major sins of news design

von Lauren M. Rabaino
Let’s be honest: In general, news site design isn’t pretty. I know I’m not the first or last to say it, but I do have a theory about why. It starts off innocently enough — an article, navigation, some ads. But as new tools, gadgets, buttons, widgets, extensions and plugins are introduced to the news consumption scene, that once simple design becomes cluttered with bells and whistles that hold the content hostage.
The plague of news design is upon us and although the average news organization has dozens of corporate hoops to jump before being able to implement a full design overall, these are four simple starting points.

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11 Mythen über das Schreiben

von © Andreas Eschbach

1. Schriftsteller werden reich

»Die Wahrheit ist, dass die meisten Schriftsteller nicht einmal notdürftig vom Schreiben leben können. Verschiedene Untersuchungen ergeben immer wieder, dass die Hälfte aller veröffentlichten Schriftsteller weniger als 3000 € pro Jahr (!) verdienen, und man schätzt, dass weniger als 100 Autoren in Deutschland vom Schreiben allein leben können. Wobei Deutschland mit Österreich und der deutschsprachigen Schweiz zusammen der drittgrößte Buchmarkt der Welt ist; in kleineren Sprachräumen sieht es noch wesentlich düsterer aus. Wer reich werden will, gründet besser eine Firma, statt zu schreiben. Richtig reich (reicher noch als die vielbeneideten Top-Manager) wird man nur als – erfolgreicher – Unternehmer.

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Das Paradies ist eine Insel. Die Hölle auch | Ein gar nicht aktueller Beitrag zur Frankfurter Buchmesse

(armin j. fischer) 5. Oktober, abends: Die Frankfurter Buchmesse wird wieder einmal mit großem Tamtam eröffnet. Sie wird auch dieses Jahr vor allem demonstrieren: Das Buch ist nicht tot, das Buch ist mächtig, das Buch ist ein unauslöschliches Stück Kultur. Das stimmt alles; ein wenig verschwiegen wird dabei aber, dass ein Großteil der Neuerscheinungen billige Fast-Food-Produktionen sind, schlechtes Papier, Pappeinband, lieblose Aufmachung – denn die Verlage kalkulieren knapp. Und die Entwicklung geht natürlich Richtung eBook, denn dort hat man irgendwann, wenn die Systeme und die Software richtig eingependelt sind, Herstellungskosten von Null.

Als Kontrapunkt darum nun die Vorstellung eines ›echten‹ Buches, das kein virtueller Schnickschnack ist, sondern zuerst einmal ein haptisches Vergnügen bereitet, wenn man es anfasst: Der 2009 im mare-Verlag erschienene ›Atlas der abgelegenen Inseln‹ von Judith Schalansky, den es seit wenigen Tagen nun auch in der englischen und französischen Übersetzung gibt. Dazu weiter unten, ein Interview mit der Autorin.

Wiewohl, es ist kein Atlas für den Geographieunterricht, den Judith Schalansky hier vorgelegt hat, sondern ein Atlas zur Erkundung der Träume, der Phantasie und der verborgenen Schatzkarten des eigenen Geistes. 50 Inseln nimmt sie sich vor, verstreut über die ewige Meeresfläche des Globus, eine ganz subjektive Auswahl der Skurrilitäten, Kalamitäten, Brutalitäten und sonstiger (Süd-)See-Episoden. Allen gemeinsam ist, wie schon der Untertitel des Buches ankündigt: »Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und auch niemals sein werde.« Und, wie Judith Schalansky später im Interview bekennt: Auch niemals sein will.

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